Eine neue Interview-Reihe mit interessanten Architekt:innen über Dos und Don'ts bei der Hotelarchitektur: Was macht ein gutes Hotel aus? Was sind die schlimmsten No-Gos? Und welches ist ihr Lieblingshotel? Hier: NEUFELDT.VOIGT ARCHITEKTEN, München
Regine Geibel:
Thema Atmosphäre: Welches sind für euch die wichtigsten Aspekte, damit ihr euch gleich beim Betreten in einem Hotel wohl fühlt?
CHRISTINA:
Ein gutes Hotel erzeugt bei mir bereits im ersten Augenblick ein Gefühl von Luxus. Luxus – das hat für mich nichts damit zu tun, wie teuer oder „fancy“ das Hotel ist. Ich meine eine andere Form von Luxus: eine Auszeit vom Alltag in einer ganz besonderen und einzigartigen Umgebung. Ein Ruhepunkt, der möglichst vielen Menschen zugänglich ist – nicht nur einem exklusiven Kreis. Auch ein einfaches, aber mit Gespür für den Ort gestaltetes Hotel kann mich begeistern.
NIKO:
Auf meinen Reisen habe ich immer wieder erlebt, dass gutes Design nicht zwangsläufig eine Frage des Geldes ist, sondern für unterschiedliche Budgets erschwinglich sein kann. Ich finde es toll, dass es gerade in den großen Städten mittlerweile viele beeindruckende Beispiele von gut gestalteten Hotels und Hostels in unterschiedlichen Preiskategorien gibt. In welcher Art von Hotel ich mich wohlfühle, hängt stark von dem Ort ab, an dem es steht. Ein Stadthotel sollte eine ganz andere Atmosphäre ausstrahlen als ein Strandhotel oder ein Hotel in den Bergen.
CHRISTINA:
Wichtig ist mir, dass ein Hotel authentisch ist und dies auch in allen Bereichen zeigt. Ist es klassisch? Ist es modern? Will es einen Hauch von Luxus verkörpern oder das einfache Leben feiern? Die Hotels, die ich liebe, haben viele Gesichter, eines aber haben sie gemein: eine gestalterische Linie vom Gesamtkonzept bis ins letzte Detail zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche – angefangen vom Außenbereich und dem Entree über die Lobby, Bars und Flure bis hinein ins eigene Zimmer.
NIKO:
Wenn ich in ein Hotel gehe, möchte ich in eine andere Welt abtauchen. Eine Welt, die mich abheben lässt oder zurück auf den Boden holt, die mich fremdartig und exotisch in ihren Bann zieht oder in der ich ein paar Meter über dem Alltag in vollkommener Ruhe und Gelassenheit schweben kann.
Was muss ein gutes Hotelzimmer auf jeden Fall können und bieten?
CHRISTINA:
Das Zimmer ist für mich der persönliche Rückzugsort in einem Hotel. Hier will ich mich ausruhen und abschalten können. Je nach Zimmergröße sollte es durch schlaue Anordnung von Möblierung und Bad gut und flexibel zu nutzen sein. Ein Hotelzimmer muss nicht unbedingt groß sein, wenn Bereiche wie Schränke, Garderobe und Bad gut integriert sind und dadurch vielfältig nutzbare Freiräume bieten.
NIKO:
Reizvoll finde ich es, wenn das Zimmer mich mit etwas Außergewöhnlichem überrascht, das ich zuhause nicht habe. Beispielsweise ein Treppenschrank hinauf in die Schlafgalerie oder eine Badewanne mitten im Raum. Am Wasser oder am Berg macht mich ein sonniger Balkon als Ruhepol froh. Hier kann ich mich in ein Buch vertiefen oder mich beim Blick in die Ferne verlieren.
Thema Technik: Wovon seid ihr am meisten genervt, wenn es nicht gut funktioniert?
CHRISTINA:
Ich finde es störend, wenn Haustechnik wie Klimaanlagen, Lüftung und Heizung ins Auge stechen, weil sie nicht mitgeplant oder schlecht ausgeführt sind. Die Geräte sollten unbedingt in die Gestaltung eines Raumes mit einbezogen sein. Im Idealfall ist die gesamte Technik so selbstverständlich in Einbaumöbel integriert, dass sie (nahezu) unsichtbar wird. Selbstverständlich müssen technische Anlagen einwandfrei funktionieren und dürfen niemals durch Geräusche und Gerüche den Hotelfrieden stören.
NIKO:
Bei der Anordnung der öffentlichen Bereiche sollten Nebenräume, Küchen und Funktionsräume unbedingt vom Blick des Besuchers abgeschirmt sein. Ich finde es nicht so ansprechend, wenn man in einer schönen Lobby oder einem Frühstücksrestaurant sitzt und vis-a-vis auf die WCs schaut oder ungewollt Einblicke in die Spülküche bekommt.
Worauf würdet ihr bei der Planung eines Hotel-Spas besonders Wert legen?
CHRISTINA:
Jedes Hotel sollte einen Spa-Bereich haben. Dessen Beschaffenheit und Gestaltung ist abhängig von der Art des Hotels und dem Ort und kann unterschiedlich interpretiert werden. In einem Berghotel kann beispielsweise der Spa-Bereich nur eine kleine Saunahütte mit klirrend kaltem Badeteich oder einer Außendusche mit Bergblick sein. Hingegen würden wir den Spa-Bereich eines hippen, quirligen Stadthotels vielleicht mit einem Hot-Tub auf der Dachterrasse mit Blick auf die Stadt ausstatten.
NIKO:
Egal ob mit allen Schikanen und Raffinessen üppig ausgestattet oder in hochalpinen Steilhanglage minimalistisch zwischen zwei Felszacken gezwickt: der Besucher sollte in einem Spa-Bereich auf jeden Fall die Möglichkeit haben, sich körperlich und geistig zu entspannen. Wir würden auf gut konzipierte Ruhebereiche, durch die nicht dauernd jemand durchläuft, und inszenierte Ausblicke, die den Geist verweilen lassen, achten.
Was ist für euch ein absolutes No-Go im Hotel?
CHRISTINA:
In meinem Augen, wenn innerhalb eines Hotels eine Gestaltungslinie nicht durchgezogen wird, sondern Beliebigkeit wuchert. Wie schon gesagt: Gestaltung fängt für mich im Eingangsbereich an und hört im Bad des Hotelzimmers auf. Es ist nicht wichtig, ob ein Hotel spartanisch, dekorativ überladen oder „hip“ gestaltet ist. Wenn das Hotel am Ende echt und authentisch rüberkommt, nimmt es den Besucher in eine andere Welt mit – in welche auch immer!
Habt ihr ein Lieblingshotel? Oder mehrere? Was schätzt ihr an denen besonders? Was begeistert euch?
CHRISTINA:
Mich haben schon viele Hotels auf unterschiedlichste Weise begeistert. Mich faszinieren immer Orte, die eine Geschichte haben – insbesondere, wenn diese in der Gestaltung des Gebäudes sichtbar gemacht wird. Durch seinen magischen Ort und die Historie des Hauses zog mich beispielsweise unmittelbar in seinen Bann das Hotel Briol in Südtirol …
NIKO:
…das wir uns zu Fuß über steile Almwiesen erwandern mussten. Das Hotel besticht mit seiner ganz einfachen Gestaltungslinie. Die Zimmer sind historisch schlicht gehalten mit alten Holzbetten und Dielenböden, einem Waschtisch mit Emaille-Schüssel, samt eines Wasserkrugs voll glasklarem Bergwasser. Die schön detaillierte Gemeinschaftsdusche auf dem Flur nahm ich gerne in Kauf, denn das Dreigänge-Überraschungsmenü ist unschlagbar gut und der abendliche Blick vom Holzbalkon auf die Dolomiten einfach nur atemberaubend.
CHRISTINA:
Ich entspanne mich gerne in einer der individuell gestalteten Ferienwohnungen im Gästehaus MOORMANNberge mit grandiosen Ausblicken auf die Kampenwand. Die speziellen und liebevoll ausgetüftelten Apartments mit raffinierten Einbaumöbeln und Designerstücken von Nils Holger Moormann sind ebenso individuell wie originell: von urig kompakten Einbaubetten und modern gestalteten Blockhütten bis zu großzügigen Maisonetten ist alles dabei!
Auch das Volkshotel in Amsterdam beeindruckt mich sehr mit seinem sowohl sozial als auch gestalterisch schlüssiges Gesamtkonzept und spannenden Übernachtungsmöglichkeiten: von der minimalistischen fensterlosen Schlafkojen für den kleinen Geldbeutel über die kompakte Schlafbox mit gerahmtem Stadtblick bis hin zum großzügigen Studio und dem Appartement mit Fundstücken aus Amsterdams Straßen.
CHRISTINA und NIKO:
Gerade haben wir eine Rooftop Bar auf dem Cocoon Hotel am Sendlinger Tor (Lindwurmstraße 37 - 39) fertig gestellt. Den Neubau mit eigenem Design stimmig in das Material- und Farbkonzept des bestehenden Hotels einzufügen, war das eine! Die Aufstockung im siebten Geschoss bei laufendem Hotelbetrieb umzusetzen, war das andere.... Nun können wir – jeder mit einem Glas in der Hand – an lauen Sommerabenden dort oben am Geländer lehnen und über die Dächer Münchens in die Ferne schauen: ins atemberaubende Rund der bayerischen Voralpengipfel!
Die Präsentation des Projekts im Hotel Cocoon am Sendlinger Tor (Lindwurmstraße 37 -39) folgt in Kürze - wieder reinschauen lohnt sich!
Besonders für Architektur und Design spielen Bücher eine zentrale Rolle. Auf castello books, einer neuer Plattform, gegründet von Sandra Hofmeister (Bild), kuratiert sie für uns eine Auswahl der lesenswertesten Architektur- und Designliteratur.
Eine neue Interview-Reihe mit interessanten Architekt:innen über Dos und Don'ts bei der Hotelarchitektur: Was macht ein gutes Hotel aus? Was sind die schlimmsten No-Gos? Und welches ist ihr Lieblingshotel? Hier: niki szilagyi interior architecture
Kein Geringerer als der renommierte Architekt Matteo Thun zeichnet für das architektonische Konzept des neuen Hotels Chiemgauhofs am Chiemsee verantwortlich. Bekannt für seine klaren Linien, seine Materialwahl und seine Fähigkeit Räume mit Atmosphäre...